Zahnpflege für Katzen – vorbeugen & reinigen

Erschreckend viele Katzen haben Mundgeruch, Zahnfleischentzündungen, Zahnbelag oder Zahnstein. Tierärztin Dr. vet. med. Simone Radicke verrät im Interview, welches die häufigsten Zahnprobleme bei Katzen sind, wie Sie diese erkennen können und wie eine perfekte Zahnpflege aussieht.

Im animonda Interview erfahren Sie

  1. Wie das Katzengebiss aufgebaut ist
  2. Unter welchen Zahnerkrankungen Katzen leiden können
  3. Wie Sie Zahnprobleme bei Ihrer Katze erkennen können
  4. Was Sie tun können, wenn Ihre Katze unter Zahnproblemen leidet
  5. Wie Sie die Zähne Ihrer Katze pflegen können

Ein gesundes Gebiss ist für Katzen überlebenswichtig

animonda: Wie ist das Katzengebiss aufgebaut?

Dr. vet med. Simone Radicke:

Die Katze hat ein typisches Fleischfressergebiss. Es besteht aus den Schneidezähnen, den Eckzähnen (auch Fangzähne genannt) sowie den vorderen (Prämolare) bzw. hinteren Backenzähnen (Molare). Das Gebiss der Kitten umfasst 26 Zähne, das bleibende Gebiss 30 Zähne. Wie in der Humanmedizin wird das Gebiss von Tieren mit einer Zahnformel beschrieben:

im Oberkiefer: 3 I  1 C  3 P  1 M

im Unterkiefer:  3 I  1 C  2 P  1 M      

I = Incisivi (Schneidezahn); C = Caninus (Eckzahn); P = Prämolar (vorderer Backenzahn); M = Molar (hinterer Backenzahn)

Diese Zahnformel bedeutet, dass die adulte Katze im Oberkiefer 3 Schneidezähne, 1 Eckzahn, 3 vordere (Prämolare) und 1 hinterer Backzahn (Molar). Im Unterkiefer befinden sich entsprechend 3 Schneidezähne, 1 Eckzahn, 2 Prämolare und 1 Molar.
 

animonda: Welche Funktionen hat das Gebiss einer Katze?

Dr. vet med. Simone Radicke:

Bei der Katze handelt es sich um einen Carnivoren, d.h. Fleischfresser, Das gesamte Gebiss ist daher darauf ausgerichtet, das Fleisch zu erbeuten bzw. zu zerkleinern. Wie der Name schon sagt, sind die Fangzähne darauf ausgerichtet, die Beute zu packen und festzuhalten. Neben den Fangzähnen laufen auch die vorderen Backenzähne spitz zu. Sie werden auch als Reißzähne bezeichnet; ihr spitzer scharfer Aufbau erlaubt das Zerreißen der Beute bzw. von Fleisch.

Im Gegensatz zu uns haben die hinteren Backenzähne keine Mahlfläche, sie können aber Knochen in kleine Stücke zerteilen. Das Katzengebiss ist somit ideal an die Aufnahme von Beutetieren angepasst.

Häufige Zahnerkrankungen bei Katzen – Entstehung und Symptome

animonda: Was sind die häufigsten Zahn- und Maulerkrankungen bei Katzen?

Dr. vet med. Simone Radicke:

Zu den häufigsten Erkrankungen gehört zunächst der Zahnstein. Ausgehend von einem Belag auf den Zähnen kommt es zu einer Verbindung mit den Mineralstoffen des Speichels und es entsteht Zahnstein. Dieser beeinträchtigt nicht nur die Zahngesundheit an sich, durch die scharfen Kanten des Zahnsteins kommt es auch zu einer Reizung des Zahnfleisches. Zudem können sich Bakterien in den Zwischenraum zwischen Zahnstein und Zahn bzw. Zahnfleisch festsetzen und zu Entzündungen führen.

Diese Entzündung des Zahnfleisches wird als Gingivitis bezeichnet. Bei fehlender Behandlung kann die Zahnfleischentzündung weiter fortschreiten und es kann zu Zahnfleischtaschen kommen, in denen sich wiederum Keime ansiedeln können. Im fortgeschrittenen Stadium handelt es sich um eine Parodontitis. Das Zahnfleisch zieht sich dann zurück und legt den Zahnhals frei. Infektionen der Zahnfleischtaschen führen zudem zu Zahnwurzelabszessen. Eine sehr starke Beschädigung der Grundstruktur kann dann zu einem Verlust des Zahns führen. Sind mehrere Zähne erkrankt und der gesamte Maulbereich der Katze feuerrot entzündet, spricht man von einer Stomatitis.

Solche Entzündungen im Maulbereich können zur Folge haben, dass sich die Zahnsubstanz auflöst und es zu Löchern in den Zähnen kommt; hierbei spricht man von einer FORL (Felinen Odontoklastischen Resorptiven Läsion).

 

animonda: Zahnprobleme bei der Katze – Wie machen sich Zahnschmerzen bemerkbar?

Dr. vet med. Simone Radicke: 

Zahnschmerzen zeigen sich am deutlichsten, wenn es zu einer Appetitlosigkeit kommt und die Katze die Futteraufnahme einstellt. Dem aufmerksamen Katzenhalter fällt zuvor aber auch auf, dass die Katze in langen Fäden Speichel verliert und „sabbert“. Mitunter ist auch ein einseitiges Kauen zu beobachten oder es sind ungewöhnliche Geräusche beim Fressen zu vernehmen.

Die Katze zeigt evtl. Schluckbeschwerden oder lässt einzelne Futterbrocken fallen. Schmerzanzeichen beim Fressen zeigen sich durch ein Erschrecken, Fauchen oder Kratzen am Maul. Ist der Mundraum oder das Zahnfleisch entzündet, kann es zu einem starken Mundgeruch kommen. Eine Schwellung im Gesicht kann auf einen oralen Abszess hindeuten. Besteht eine enge Beziehung zwischen Katzenbesitzer und Katze, teilt diese ihm die Schmerzen möglicherweise auf durch ein leichtes Maunzen mit. Auch ein dezentes Zähneklappern („Chattering“) ist zu vernehmen. Die Katze schüttelt zudem vermehrt den Kopf und berührt mit der Pfote das Maul. Auch eine Kopfschiefhaltung oder ein Zähneknirschen kann ein Hinweis auf eine schmerzhafte Zahnerkrankung sein.

 

animonda: Welche Folgen kann eine Zahnerkrankung bei Katzen haben?

Dr. vet med. Simone Radicke:

Unter dem Zahnstein und in Zahntaschen befinden sich Bakterien, welche das Zahnfleisch angreifen und zu einer schmerzhaften Entzündung führen. Diese Entzündung kann auf den Zahnhalteapparat übergehen und zu einer eitrigen Entzündung führen. Durch diese Entzündung kommt es zu einem Abbau von Zahnfleisch, Kieferknochen und Zähnen, die schließlich locker werden und ausfallen. Bakterien wie auch Bakterientoxine gelangen in die Blutbahn und führen so zu Erkrankungen in verschiedenen Organen wie zum Beispiel Leber, Herz und Nieren.

Diagnose und Behandlung von Zahnproblemen bei der Katze

animonda: Wie werden Zahnerkrankungen bei der Katze diagnostiziert?

Dr. vet med. Simone Radicke

Zahnstein und Zahnerkrankungen lassen sich bei der Katze gewöhnlich durch eine genaue Inspektion der Maulhöhle diagnostizieren. Die Ablagerungen in den Zahnzwischenräumen und auf den Zahnoberflächen fallen ebenso wie Rötungen des Zahnfleisches direkt ins Auge. Bestehen die Veränderungen schon längere Zeit und hat die Katze Schmerzen, sollte zudem eine Röntgenaufnahme des Kiefers angefertigt werden, um zu überprüfen, ob Veränderungen an den Zahnwurzeln oder am Kieferknochen vorliegen.

 

animonda: Wie wird eine Zahnfleischentzündung bei Katzen behandelt?

Dr. vet med. Simone Radicke:

Die Behandlung richtet sich nach der Art und Schwere der Zahn- und/oder Zahnfleischerkrankung. Oftmals wird zunächst ein Antibiotikum gegeben, um die Bakterien abzutöten und deren Verbreitung bei den folgenden Maßnahmen zu unterbinden sowie ein entzündungshemmendes Mittel gegeben.

Unterstützend wirken mitunter alte Hausmittel. Hierzu gehört beispielsweise Aloe vera. Die Heilpflanze kann als Saft oder Gel auf betroffene Stellen aufgetragen werden.

 

animonda: Wie funktioniert die Zahnsteinentfernung bei Katzen?

Dr. vet med. Simone Radicke:

Die Entfernung des Zahnsteins erfolgt in der Regel unter Narkose mit Hilfe eines speziellen Ultraschallgeräts. Nach der Entfernung der Auflagerungen auf den Zähnen und in den Zahnzwischenräumen werden die Zähne der Katze poliert, sodass eine glatte Zahnoberfläche entsteht. Hierdurch wird die Neubildung von Zahnbelag erschwert. Alle bereits lockeren Zähne werden entfernt.

 

animonda: Welche Behandlung erfolgt bei feline odontoklastische resorptiven Läsionen (FORL)?

Dr. vet med. Simone Radicke:

Da bis heute die Ursache für FORL nicht eindeutig geklärt ist, lässt sich FORL nicht heilen. Um der Katze unnötige Schmerzen zu ersparen, werden Schmerzmittel gegeben und stark betroffene Zähne in Narkose gezogen. Da davon auszugehen ist, dass im Laufe der Zeit immer mehr Zähne betroffen sind, muss die Katze regelmäßig untersucht und entsprechend betroffene Zähne gezogen werden. Da man davon ausgehen kann, dass die Katze irgendwann keine Zähne mehr hat, wird diskutiert, ob man nicht gleich beim ersten Eingriff alle Zähne zieht. Eine Katze kann sehr gut ohne Zähne leben, da sie als Fleischfresser ohnehin nicht gründlich kaut und das Futter meist einfach herunterschlingt.

Frühzeitige Pflege beugt Zahnproblemen vor

animonda: Wie kann ich die Zähne meiner Katze pflegen?

Dr. vet med. Simone Radicke:

Zur Zahnpflege und -hygiene bei der Katze gibt es verschiedene Möglichkeiten. Zu den häufigsten Maßnahmen gehört das Putzen der Zähne mit entsprechenden Zahnbürsten oder Fingerlingen. Damit dieses für die Katze wie auch den Katzenbesitzer ohne größeren Stress möglich ist, ist es wichtig, die Katze bereits im jungen Alter an das Zähneputzen zu gewöhnen. Üben Sie dieses vorsichtig in kleinen Schritten und ohne Stress und Zwang. Der Markt bietet aber auch Zahnpflegesprays und Zahnpflegegele an, um die Zahngesundheit der Katze zu erhalten und Zahnbelag und folglich Zahnstein zu vermeiden.

 

animonda: Wie oft sollten Katzen zur Zahnreinigung?

Dr. vet med. Simone Radicke:

Um die Zahngesundheit der Katze zu erhalten, empfiehlt sich eine regelmäßige Kontrolle. Dies hängt vom Zustand des Katzengebisses ab. Bei wiederholt aufgetretenem Zahnstein empfehlen sich regelmäßige Kontrollen. Gegebenenfalls müssen die Zähne ein- bis zweimal im Jahr vom Zahnstein befreit und poliert werden. Liegt bereits FORL vor, so sollte die Frequenz erhöht werden. Wichtig ist auch, auf mögliche Schmerzanzeichen (s. oben) zu achten, um der Katze Leiden zu ersparen und rechtzeitig therapeutisch eingreifen zu können. 

 

animonda: Welches Katzenfutter hilft gegen Zahnstein?

Dr. vet med. Simone Radicke:

Man muss sich vor Augen halten, dass das Angebot eines entsprechenden „Zahnfutters“ nur dazu beitragen kann, eine Plaquebildung und in der Folge die Auflagerung von Zahnstein zu vermeiden. Hierzu besteht das Trockenfutter aus größeren Brocken, in welche die Zähne beim „Zerreißen“ eindringen. Somit reibt das Trockenfutter einen möglichen Belag ab. Durch den Zusatz spezieller Komponenten (getrocknetes Fleisch/Fisch) kommt es zu einem vermehrten Kauen und damit zu Vermeidung einer Plaquebildung. Liegt erst einmal ein starker Zahnstein vor, sind diese Maßnahmen jedoch meistens nicht ausreichend und es ist ein Tierarzt zu konsultieren.

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