Zahnpflege für Hunde

80 Prozent aller Hunde über drei Jahre haben Zahnprobleme. Tierärztin Dr. vet. med. Simone Radicke verrät im Interview, wie Sie diese vermeiden können und wie eine perfekte Zahnpflege aussieht.

Im animonda Interview erfahren Sie:

  1. wie das Gebiss eines Hundes aufgebaut ist

  2. welche Ursachen und Symptome von Zahnerkrankungen es gibt

  3. wie Zahnprobleme behandelt werden können

  4. wie die Zahnpflege bei Hunden aussehen kann

Ein gesundes Gebiss ist für Hunde überlebenswichtig

animonda: Wie ist das Gebiss eines Hundes aufgebaut?

Dr. vet med. Simone Radicke: Hundewelpen werden zunächst zahnlos geboren. Mit 3 bis 4 Wochen brechen zunächst die Schneidezähne durch, gefolgt von den Eckzähnen (zwischen der 3. und 5. Woche) und den vorderen Backenzähnen (zwischen der 4. und 12. Lebenswoche).

Diese Milchzähne werden im Alter zwischen 13 und 21 Wochen gewechselt. Dabei werden zunächst die Schneidezähne (3.- 5. Lebensmonat) und dann die Eckzähne (5.- 7. Lebensmonat) ausgetauscht. Im 4./5. Lebensmonat bricht der erste vordere Backenzahn, der keinen Milchzahnvorläufer hat, durch, ebenso wie die übrigen Backenzähne (vordere Backenzähne: 4.- 6. Monat, hintere Backenzähne: 6. – 7. Monat). Dieser Zahnwechsel findet bei großen Hunderassen in der Regel früher statt als bei kleineren Hunderassen. Im Allgemeinen haben Welpen im Alter von 7 Monaten alle Zähne gewechselt.

Das Gebiss des erwachsenen Hundes besteht dann aus 42 Zähnen:
 

  • 12 Schneidezähnen (6 im Ober- und 6 im Unterkiefer)
  • 4 Eckzähnen (2 im Ober- und 2 im Unterkiefer)
  • 16 vorderen Backenzähnen (= Prämolaren; 8 im Ober- und 8 im Unterkiefer)
  • 10 hintere Backenzähnen (= Molaren; 4 im Ober- und 6 im Unterkiefer)
Abbildung Hundegebiss

animonda: Welche Funktionen hat ein Hundegebiss?

Dr. vet med. Simone Radicke: Hunde gehören zu den Fleischfressern, die in früheren Zeiten ihre Nahrung selbst erjagen mussten. Hierzu wurde die Beute mit den Eckzähnen gefangen (daher auch der Name „Fangzähne) und festgehalten. Für diese Funktion sind die Eckzähne sind ziemlich lang und nach hinten gekrümmt. Die Zerteilung des Futters erfolgt durch die „Reißzähne“. Dabei handelt es sich um die größten Backenzähne des Hundes, den hintersten Prämolar im Oberkiefer und den vordersten Molar im Unterkiefer. Insgesamt sind die Prämolaren sehr scharfkantig und helfen dem Hund beim Zerlegen von Fleisch. Mit den hinteren Backenzähnen (= Molare) wird hartes Futter und Knochen zerkleinert.

Die vorderen Schneidezähne haben verschiedene Funktionen. Mit ihren scharfen Kanten können Hunde zum einen Fleisch von den Knochen nagen. Zum anderen dienen sie zur Fellpflege, in dem sie mit diesen Zähnen am Fell knappern, um Flöhe oder Zecken zu entfernen.

Ursache und Symptome von Zahnerkrankungen bei Hunden

animonda: Welches sind die häufigsten Zahnerkrankungen bei Hunden?

Dr. vet med. Simone Radicke: Im Gegensatz zum Menschen, bei dem häufig Karies vorliegt, betreffen Zahnerkrankungen bei Hunden in erster Linie das Zahnfleisch und den Zahnhalteapparat (= Parodontalerkrankungen). Im Einzelnen handelt es sich um

  • Zahnstein: Ablagerung von Mineralien auf dem Zahn
  • Gingivitus: Zahnfleischentzündung, verursacht durch Plaque und Zahnstein
  • Paradontitis: durch Bakterien verursachte Entzündung des Zahnhalteapparates
  • Wurzel-/Wurzelspitzenabszesse: bakterielle Infektionen an der Wurzel/Wurzelspitze

Ursache für die Entstehung dieser Parodontalerkrankungen ist die Bildung von Plaques. Hierbei handelt es sich um die Ablagerung von Speiseresten zwischen den Zähnen, die dann ein idealer Nährboden für die Ansiedlung von Bakterien sind. Bedingt durch diese Plaques ist die Zahnoberfläche nicht mehr glatt, sondern wird rauh. Entstehen aus dem im Speichel enthaltenen Mineralien kalkhaltige Salze (=Zahnstein), kann dieser auf der rauen Oberfläche leicht anhaften.

Diese harten, braungrauen Ablagerungen finden sich besonders am Übergang des Zahns in das Zahnfleisch. Die Folge ist, dass Bakterien in den Bereich zwischen Zahn und Zahnfleisch eindringen können und dort zu einer Zahnfleischentzündung (=Gingivitis) führen können. Schreitet dieser Prozess immer weiter fort, bilden sich tiefe eitrig infizierte Taschen. Greifen diese entzündlichen Prozesse auf den Zahnhalteapparat über, handelt es sich um eine Parodontitis. In diesem Stadium kann es zu lockeren Zähnen oder sogar zu einem Zahnverlust kommen.  


animonda: Welche Folgen können Zahnerkrankungen haben?

Dr. vet med. Simone Radicke: Zähne sind von Zahnfleisch umgeben und mittels flexibler Fasern im Kieferknochen aufgehängt. Zieht sich das Zahnfleisch durch Zahnstein und eine Gingivitis zurück oder wird der Zahnhalteapparat durch eine Infektion geschädigt (Parodontotis) kann es soweit kommen, dass die Zähne ausfallen

Doch damit nicht genug. Nicht nur die Maulhöhle allein erkrankt, sondern der ganze Hund. Es gibt eine Wechselwirkung zwischen der Mundgesundheit und der Allgemeingesundheit des Hundes. So können die Bakterien auf den Knochen übergreifen und diesen langsam abbauen. Es kann zu Kieferfrakturen führen. Gelangen die Bakterien aus der Maulhöhle ins Blut und damit in den gesamten Körper, entstehen Entzündungsherde, die Auslöser vieler Allgemeinerkrankungen sind.

So ist wissenschaftlich belegt, dass sich die Bakterien an die Innenwände der Herzkranzgefäße setzen und zu Herzerkrankungen führen. Je nachdem wo sich die Bakterien ansiedeln, kann es zu Gelenk- oder Nierenerkrankungen kommen. Auch Atemwegserkrankungen werden genannt, wenn die Bakterien in den Atemtrakt gelangen. Durch Bakterien gebildete Mediatoren können Allergien und Ohrenentzündungen auslösen. Zudem beeinflussen die Bakterien die Funktion der Bauchspeicheldrüse. Bei einem Hund mit Diabetes wird es dann mitunter schwierig, den Blutzuckerspiegel einzustellen.

Hundegebiss

animonda: Welche Anzeichen deuten auf Zahnprobleme hin?

Dr. vet. med. Simone Radicke: 
Auch wenn der Hund seine Beute heute nicht mehr selbst erlegen muss, so sind die Zähne dennoch äußerst wichtig für die Nahrungsaufnahme. Frisst der Hund weniger oder sehr mäkelig oder nur die weichen Komponenten, deutet dass auf Zahnprobleme hin. Hinzu kommt, dass der Hund entsprechend an Gewicht verliert. Einige Hunde bekommen auch Durchfall, weil sie das Futter nicht ausreichend zerkleinern können. Bei der selektiven Aufnahme nur weniger weicher Komponenten kann es zur Fehlversorgung kommen.

Eine übermäßige Speichelbildung, das Reiben der Schnauze an Gegenständen, das Kratzen mit den Pfoten am Maul oder ein wiederholtes Kopfschütteln können auf Zahnprobleme hindeuten. Auch ein schräg gelegter Kopf mit einseitigem Kauen kann auf Zahnprobleme hindeuten.

Ein untrügliches Zeichen ist zudem ein penetranter und langfristig bestehender Maulgeruch, der unbedingt Anlass für eine genaue Untersuchung der Maulhöhle sein sollte.

 

animonda: Ist es normal, wenn ein Hund aus dem Maul riecht? 

Dr. vet. med. Simone Radicke: Hat der Hund gerade sehr geruchsintensive Futtermittel aufgenommen wie zum Beispiel Pansen oder die Pferdeäpfel im Reitstall mit Genuss verzehrt, dann ist es völlig normal, wenn er etwas unangenehm aus dem Maul riecht. Besteht dieses Problem längere Zeit sollte man der Ursache kritisch nachgehen. Nicht selten verbergen sich eine Gingivitis oder Parodontitis hinter dem unangenehmen Geruch. Eine Untersuchung beim Tierarzt lohnt sich allemal, da auch Nierenerkrankungen dazu führen können, dass der Hund aus dem Maul riecht. 

Behandlung von Zahnproblemen beim Hund

animonda: Wie wird eine Zahnfleischentzündung bei Hunden behandelt?

Dr. vet med. Simone Radicke: Ist das Zahnfleisch nur geringfügig geschwollen und leicht verfärbt, reicht mitunter das Beträufeln mit entzündungshemmenden Mitteln. Bei fortgeschrittenem Stadium verschreibt der Tierarzt zudem Antibiotika. Ist Zahnstein die Ursache für die Gingivitis, ist eine professionelle Zahnreinigung erforderlich. Dabei erfolgt unter Narkose die vollständige Entfernung von Plaque und Zahnstein. Damit wird den Bakterien der Nährboden entzogen und die Entzündung des Zahnfleisches ist folglich leichter zu behandeln.

 

animonda: Wie wird Zahnstein beim Hund entfernt?

Dr. vet med. Simone Radicke: Die Art der Maßnahme hängt vom Schweregrad des Zahnsteins ab. Sind nur die Eckzähne betroffen und hat sich sehr grober Zahnstein angeheftet, eignet sich eine Zahnstein-Entfernungszange, um den Zahnstein abzusprengen. Danach werden mit dem Zahnreiniger (Scaler) feinere Zahnsteinbeläge vom Zahn und aus den Zwischenräumen entfernt. Nicht jeder Hund lässt sich das problemlos gefallen, aus diesem Grund muss oftmals eine leichte Narkose vorgenommen werden.

Bei einer Ultraschallbehandlung werden über einen kleinen Meißel Ultraschall-Wellen auf den Zahn übertragen. Der Zahnstein wird zertrümmert und mit Wasser weggespült. Zudem werden mögliche Taschen im Zahnfleisch mit einer speziellen Spüllösung gereinigt. Zum Abschluss wird die Zahnoberfläche poliert, um zu verhindern, dass sich nach kurzer Zeit wieder Plaque anheften kann. 

Zahnpflege bei Hunden

animonda: Wie sieht die Zahnpflege bei Hunden aus?

Dr. vet. med. Simone Radicke: Durch regelmäßige Kontrollen und vorbeugende Pflegemaßnahmen lässt sich verhindern, dass sich Zahnstein bildet. Hierzu gehört das regelmäßige Zähneputzen, an das sie den jungen Hund bereits gewöhnen sollten. Mindestens einmal jährlich sollte man das Gebiss beim Tierarzt gründlich checken lassen. Gegebenenfalls sind dann weitergehende Maßnahmen erforderlich.

Im Handel werden verschiedenen Gele und Sprays angeboten, welche die Bildung von Zahnstein verhindern sollen. Bestimmte Inhaltsstoffe im Futter oder in Zahnpflegesticks verändern den pH-Wert des Speichels so, dass der Plaque gelöst wird bzw. gar nicht erst entsteht.

Letztendlich tragen auch Kauknochen zur Zahnpflege bei. Bei Nagen an trockener Rinderhaut oder Schweineohren werden die Zähne mechanisch gereinigt. Allerdings sollte man nicht zu viel davon geben, da diese Produkte sehr energiereich sind und es möglicherweise zu Übergewicht kommt.

 

animonda: Ist es möglich, Zahnstein selbst zu entfernen? 

Dr. vet. med. Simone Radicke: Wenn der Hund sehr ruhig ist und daran gewöhnt ist, dass man Maßnahmen in seiner Maulhöhle und an seinen Zähnen vornimmt, kann man versuchen, den Zahnstein selber mit entsprechenden Schabern (Scaler) zu entfernen.

Allerdings sollte man es möglichst erst gar nicht so weit kommen lassen. Bereits wenn man den ersten Plaque feststellt, sollte man aktiv werden und diesen sofort entfernen. Dieses kann wie folgt geschehen:

  1. Durch spezielle Hundezahnbürsten und Zahncremes, die häufig Schleifpartikel enthalten und in diversen Geschmacksrichtungen angeboten werden.
  2. Durch Fingerlinge, die sie über den Zeigefinger ziehen und damit das Gebiss des Hundes reinigen. Im Fingerling enthaltenen Silberionen sollen eine antibakterielle Wirkung haben.
  3. Ein elektrischer Zahnsteinentferner funktioniert wie eine elektrische Zahnbürste. Sie kann zum Entfernen von Plaque, Zahnstein und ein anschließendes Polieren eingesetzt werden. Allerdings muss der Hund an die vibrierenden Bewegungen und das Geräusch gewöhnt sein.
  4. Nach jeder Zahnreinigung ist Zahnwachs auf die Zähne aufzutragen. Dieser verhindert, dass sich auf den sauberen Zähnen erneut Plaque anlagern kann und zu Zahnstein führt.

Sollten Sie mit der Ausführung dieser Maßnahmen nicht vertraut sein oder Ihr Hund ist zu unruhig, suchen Sie besser einen Tierarzt auf. Dieser ist auf jeden Fall zu kontaktieren, wenn der Zahnstein bereits unter den Zahnfleischsaum gelangt ist.

 

animonda: Welchen Einfluss hat die Ernährung auf Zahnprobleme?

Dr. vet. med. Simone Radicke: Früher ging man davon aus, dass Feuchtfutter ein höheres Risiko für die Bildung von Zahnstein beinhaltet. Erklärt wurde es damit, dass bei der Futteraufnahme die Zähne nur mäßig zum Einsatz kommen und die mechanische Reinigung der Zähne am weichen Futter nicht stattfindet. Heute weiß man, dass auch andere Faktoren einen Einfluss auf die Entstehung von Zahnstein haben. Hierzu gehören beispielsweise die Zwischenräume zwischen den Zähnen, der pH-Wert im Speichel sowie der Einfluss der Fütterung auf die Darmgesundheit und die Vermeidung pathogener Bakterien.

 

animonda: Welche Kauartikel helfen bei Zahnbelag? 

Dr. vet. med. Simone Radicke: Bereits wenige Stunden nach der Futteraufnahme bildet sich Plaque auf den Zähnen, der in Verbindung mit den Salzen im Hundespeichel zu Zahnstein wird. Um dieses zu verhindern, muss Plaque regelmäßig entfernt werden. Hierzu muss man die Zähne putzen oder man kann dem Hund Kauartikel mit Zahnpflege-Effekt geben.

Hierbei kann es sich um Knochen, Rinder- oder Schweineohren, Holzknochen aus der extra harten Kaffeewurzel, um Ochsenziemer oder getrocknete Lunge handeln. Zudem gibt es Kauknochen aus Kunststoff, die mit Leckereien gefüllt werden, damit der Hund möglichst lange darauf herum kaut. Viele dieser Kauartikel weisen eine einseitige Nährstoffzusammensetzung auf und sind sehr energiereich, so dass das Hauptfutter reduziert werden muss, damit es nicht zu Übergewicht kommt.

Die animonda Dental-Sticks haben hingegen eine ausgewogene Nährstoffzusammensetzung, die an das Hauptfutter angepasst ist. Kauknochen müssen groß und fest genug sein, damit der Hund lange daran kaut und die Beläge abgerieben werden. Aus diesem Grunde bieten wir Sticks in verschiedenen Größen an, jeweils passend zum Hund. Die Dental-Sticks weisen zudem eine spezielle Textur auf. Sobald der Hund zu kauen beginnt, kommt es zu einer mechanischen Reinigung. Unsere Dental-sticks enthalten zusätzlich den Wirkstoff Stay-C®, welcher die Zusammensetzung des Speichels beeinflusst und der Bildung von Zahnstein vorbeugt.

Haben Sie Fragen an Frau Dr. vet med. Simone Radicke?

In unserem Tierarztformular können Sie ihr Fragen zu Ihrem Hund, Ihrer Katze oder Tierernährung stellen!

Das könnte Sie auch interessieren